Diese Essays des Berliner Hispanisten Hans-Otto Dill, eines anerkannten Spezialisten für kubanische Literatur, sind in der Mehrzahl den wohl bedeutendsten Autoren der Insel – José Martí, Nicolás Guillén, Alejo Carpentier und José Lezama Lima – gewidmet, die hier mit ihren bei allen insularen Gemeinsamkeiten höchst unterschiedlichen Handschriften vorgestellt werden. Außer einem Roman der bekannten Diaspora-Autorin Zoé Valdés werden mit Eliseo Diego und Gustavo Eguren zwei weitere wichtige, im deutschen Sprachraum jedoch wenig bekannte Schriftsteller untersucht. Einleitend beleuchtet der Verfasser die Herausbildung der kubanischen Literatur unter den spezifischen Bedingungen einer Kolonie, die in Sprache und Kultur der Kolonialmacht eng verbunden ist. Ein weiterer Überblicksartikel geht dem Bild nach, das kubanische Autoren von Havanna als Stadt der Architektur, Musik und Literatur entwerfen. Besonderes Augenmerk gilt den deutschen Spuren in der Literatur der Zuckerinsel: Alexander von Humboldt (der Klassiker), Goethe, Heinrich Heine, Thomas Mann. Ihren Reiz bezieht die kubanische Literatur – wie von dem Verfasser dargestellt – aus dem einmaligen In- und Nebeneinander hispanischer, europäisch-abendländischer und afroamerikanischer Ingredienzien.

INHALT: Von Spanien nach Lateinamerika: 200 Jahre kubanische Nationalliteratur – Martís lateinamerikanische Regierungs- und Identitätsvisionen – Von den Blumen des Bösen zu den Blumen der Verbannung: Martí und Baudelaire, Dichter der Modernität – Das wirkliche Wirklich-Wunderbare Amerikas: Alejo Carpentiers Konzept der lateinamerikanischen Literatur – Von Alexander bis Alejo: Intertextuelle Begegnung zwischen Humboldt und Carpentier – Goethe, Nietzsche, Rousseau und Amiel im Gespräch. Gustavo Eguren über das Privatleben deutsch-schweizerischer Kulturheroen – Zwischen den Gebrüdern Grimm und Rubén Darío. Märchen und Modernismo bei Eliseo Diego – Deutschland in Kuba: Notizen zur Rezeptionsgeschichte des 19. Jahrhunderts – Kubanität als Identität und Heterogenität: Nicolás Guillén vs. José Lezama Lima – Avantgarde und Folklore: Die afrokubanische Lyrik Nicolás Guilléns – Afrokubanisch als Literatursprache speziell bei Guillén und Carpentier – Zoé Valdés’ „Das tägliche Nichts“ – Havanna, besondere Kennzeichen einer Stadt: Architektur und Musik