Kaum eine andere karolingische Kaiserin erfährt sowohl in den zeitgenössischen Quellen als auch in der Forschungsliteratur eine derart widersprüchliche Bewertung wie die zweite Ehefrau Ludwigs des Frommen. Sie war die Mutter eines nachgeborenen Sohnes, dessen Erbansprüche es zu integrieren galt; sie war die Stiefmutter der Söhne aus erster Ehe, gegen die eine Übertragung eines Reichsteiles durchgesetzt werden musste; sie war die Kaiserin des Frankenreichs, der in Hofhaltung und Reichsregierung vielfältige Aufgaben und Kompetenzen zuwuchsen; sie war eine eigenständige Einflussträgerin, die Zugang zur Macht hatte und ihre Präsenz zu nutzen verstand. An den folgenschweren Entscheidungen zur Nachfolgepolitik während der Regierungszeit des zweiten Karolingerkaisers kam Kaiserin Judith so ein maßgeblicher Anteil zu.