Kernthema dieser Arbeit ist die Frage nach der Entstehung komplexer kognitiver Strukturen im Rahmen nicht-trivialen Lernens bzw. substanzieller Entwicklungsfortschritte. Ausgehend von einer Kritik an den Forschungen zur Künstlichen Intelligenz zeigt der Autor die fundamentale Bedeutung des Kontextbezugs für menschliche Könnerschaft auf. In einer Analyse insbesondere der Expertiseforschung im Allgemeinen, des Expertiseentwicklungsmodells von Dreyfus/Dreyfus sowie der Theorie kognitiver Entwicklung nach Piaget führt der Autor zu jenen grundlegenden Modellvorstellungen der Komplexitätstheorie hin (d.h. insbesondere zur Nichtgleichgewichts-Thermodynamik sensu Prigogine und zur Synergetik sensu Haken), die als theoretisches Fundament einer am Können orientierten Didaktik vorgeschlagen werden. Der Lerner wird dabei als offenes, dynamisches System aufgefasst, das dissipative bzw. permanent veränderbare kognitive Strukturen herausbildet.
Auf einer allgemeindidaktischen Ebene zeigt sich damit im Kern, dass Lehren trotz der in diesem Band sehr deutlich herausgearbeiteten systematischen Grenzen der didaktischen Einflussnahme auf den Lernprozesses keineswegs eine immer stärkere Hinwendung zur Betreuung selbstgesteuerten Lernens meinen kann, sondern insbesondere jene konsequente Fremdsteuerung des Lernprozesses bedeutet, die substanzielle Lernfortschritte oft überhaupt erst ermöglicht. Mit der Übertragung dessen auf das Dreyfus-Modell der Expertiseentwicklung liefert der Autor abschließend nicht nur eine detaillierte Weiterentwicklung des Modells, sondern bietet damit auch einen ersten Ankerpunkt für die Konkretisierung einer komplexitätstheoretisch fundierten Philosophie didaktischen Denkens an, die eine am Können orientierte Didaktik realistischer werden lässt.