Kein anderes Buch hat die deutsche Rechtsgeschichte so sehr geprägt wie der Sachsenspiegel. Zwischen 1224 und 1235 von Eike von Repgow verfasst, sollte das Werk nach dem Willen des Autors das bis dahin lediglich mündlich tradierte Gewohnheitsrecht 'spiegeln', d. h. beschreiben, um es in seinem Fortbestand zu sichern. Die große geographische Ausstrahlung und vor allem die enorme zeitliche Wirkung – immerhin behielt dieses Gesetzeswerk durch sieben Jahrhunderte seine Gültigkeit – beweisen, dass die Intention seines Verfassers eindrucksvoll erfüllt wurde. Unter den 460 Handschriften und Fragmenten dieses Werkes befinden sich vier besonders wertvolle Exemplare, in denen der Text durchgehend von Illustrationen begleitet wird. Diese Codices picturati sind von einer immensen kulturgeschichtlichen Bedeutung.Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels gilt als ein Höhepunkt in dieser Entwicklung. In der außerordentlichen Qualität der Zeichnung und der Vollständigkeit des Textes steht sie dem Dresdner Codex nahe, hat gegenüber diesem aber die Farbintensität der Kolorierung und die Strahlkraft des Goldes unversehrt erhalten. Sowohl in inhaltlicher, als auch in optischer Hinsicht bietet sich dem Betrachter auf jeder Seite ein ungewöhnlich buntes Panorama der mittelalterlichen Kultur in ihren vielfältigen Facetten. Nach dem schon seit langem vergriffenen Oldenburger Sachsenspiegel (Cod. Selecti CI) und dem Dresdner Sachsenspiegel (Cod. Selecti CVII) wird nun auch der Wolfenbütteler Sachsenspiegel durch seine Faksimilierung der Wissenschaft und den Bibliophilen zugänglich sein. Der Kommentar zur Faksimile-Ausgabe des Wolfenbütteler Sachsenspiegels umfasst zwei Bände, die von Ruth Schmidt-Wiegand herausgegeben und von einem Team von anerkannten Wissenschaftlern erarbeitet worden sind. Der Textband enthält eine diplomatische Umschrift, die dem Originaltext auf das Genaueste folgt und als Lesehilfe gedacht ist; in zeilengleicher Anordnung dazu einen zitierfähigen Text, in dem u.a. sämtliche Kürzel aufgelöst sind und die Interpunktion dem heutigen Gebrauch entspricht und schließlich eine neuhochdeutsche Übersetzung. Im parallel dazu abgedruckten Bildleistenkommentar wird jede einzelne Szene inhaltlich und ikonographisch detailliert erläutert. Der umfangreiche Kommentarband lässt in Beiträgen zu den unterschiedlichen Aspekten der Handschrift den mittelalterlichen Alltag vor den Augen des Lesers lebendig werden.