Spenglers ausdrückliche Berufung auf Goethe und Nietzsche stieß von Anfang an auf ein geteiltes Echo. Bis heute wurde nicht zufriedenstellend geklärt, wieweit der Einfluß beider Geistesgrößen auf Spengler reicht. Damit blieben entscheidende Anstöße für das komplexe Gestaltmodell seiner "Kulturen" und dessen gedanklichen Hintergrund weitgehend unberücksichtigt.
In diesem Buch wird Spenglers Berufung auf Goethe und Nietzsche aus einer neuen Perspektive betrachtet. Der Autor, Philosoph und Historiker, legt dabei den Schwerpunkt auf die konzeptionellen und strukturellen Grundlagen des Spenglerschen Entwurfs. Die Antwort auf die Frage nach dem Anteil Goethes und Nietzsches an dessen Genese zeigt, daß Spengler seinen Vorbildern weit mehr verpflichtet ist, als er selber einräumt. Sie zeigt auch, in welchem Sinne die gerade von Goethe vermittelten universalen Elemente seines Denkens über den zeitbedingten Ideenhorizont des frühen 20. Jahrhunderts hinausreichen und auf unterschwellig wirksame, vom Fortschrittsparadigma verdrängte zyklische Bewegungsformen des Geschichtsverlaufs hinweisen.
Das wird nicht nur jene interessieren, die angesichts des schnellen Rückgangs abendländischer Vormachtstellung fragen, ob Spengler vielleicht doch weiter gesehen hat, als ihm viele zugestehen wollen.