Neben vielen anderen "Fragen" - der "Judenfrage", der "Kolonialfrage", der "sozialen Frage" - stand im Deutschen Kaiserreich auch die "Schulfrage" lange Zeit im Mittelpunkt des öffentlichen Diskurses. Die Gesellschaft am Ende des 19. Jahrhunderts stritt um die Aufstiegsmöglichkeiten des Bürgertums und um die Frage, ob dessen Söhnen nach dem Besuch der Realschule eine akademische Laufbahn oder eine Anstellung im höheren Staatsdienst offen stehen sollte.
Im "Schulkrieg" von 1870 bis 1901, der sich an der Frage entzündete, ob die Realschulbildung als gesellschaftlich-kulturell gleichwertig mit der neuhumanistischen Bildung angesehen werden könne, kristallisierte sich zugleich die Frage nach der Modernisierungswilligkeit und -fähigkeit Preußens im späten 19. Jahrhundert heraus. Bei der Betrachtung der "Schulfrage" wird deutlich, welche Widerstände vor allem die staatliche Verwaltung sowie Gymnasien und Universitätsprofessoren der Aufwertung von Naturwissenschaften und "Realien"kenntnissen, und somit den Modernisierungsprozessen, entgegenbrachten. Tomas Vanca untersucht in der vorliegenden Arbeit diesen schwierigen und langwierigen Reformprozess des höheren Schulwesens in Preußen und geht einer unter heutigen Historikern lange vernachlässigten Kontroverse nach.