Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung des Schweigens im Werk des österreichischen Autors Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) und wie sich diese Bedeutung durch seine persönliche und künstlerische Entwicklung verändert. Hofmannsthals Generation, das Fin de Siècle-Wien am Ende des 19. Jahrhunderts, war stark von der Romantik beeinflusst und sich zugleich der zunehmenden Modernisierung bewusst, die von vielen kritisch betrachtet wurde. Dieses Unbehagen an einer sich verändernden Kultur findet seinen umfassendsten Ausdruck in der Flucht in die Kunst, den Ästhetizismus. Der erste Teil der vorliegenden Arbeit stellt die kulturelle und philosophische Tradition vor, in der Hugo von Hofmannsthal steht und inwiefern das Schweigen durch die Mystik einen besonderen Stellenwert erlangte. Die Modernisierung brachte eine neue Skepsis gegenüber der Sprache und ihrer Ausdrucksmöglichkeiten mit sich. Die Dichter des Fin de Siècle-Wien zeigen sich beeinflusst von Nietzsche, Mauthner und Wittgenstein, die alle davon ausgingen, dass Sprache die Realität nicht vollständig wiederzugeben vermag.
Das Schweigen spielt im Frühwerk Hofmannsthals eine andere Rolle als im Spätwerk. Während zunächst die Referenzen auf unsagbare Augenblickserlebnisse sowie den Tod im Mittelpunkt stehen, wandelt sich das Schweigen zu einer Form der Kritik an der Moderne und einen damit einhergehenden Sprachverfall.