Seit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die ökumenische Bewegung Fuß gefasst hat und die historisch entstandenen Konfessionskirchen miteinander in Dialog getreten sind, ist viel an Verständigung gewachsen, aber auch manches an Differenzen geblieben. Nicht zuletzt diese ambivalente Fest-stellung veranlasste die ökumenische Theologie, auf die Möglichkeiten und Grenzen interkonfessioneller Verständigung zu reflektieren. Dieses Nachdenken und die verschiedenen Inter-pretationsansätze dazu firmieren seither unter dem Begriff „ökumenische Hermeneutik“.
Das vorliegende Buch versucht den Gang ökumenischer Verständigung nachzuzeichnen am Beispiel des evangelisch-katholischen Gesprächs, wie es vor allem vom deutschen Sprachraum ausgehend stattfand und zur Methodologie des sogenannten differenzierten Konsenses beigetragen hat. Syste-matischer Gesichtspunkt der Rekonstruktion ist die Unterscheidung konfessioneller Denkformen, die sich infolge der Kirchenspaltung durch gegenseitige Abgrenzung herausgebildet haben. Auf der Basis dieses heuristischen Ansatzes wird die Frage nach den Voraussetzungen einer den Grundbestimmungen von Einheit und Wahrheit verpflichteten theologischen Verständigung gestellt. Der Lösungsansatz für das Problem der Übersetzung zwischen den konfessionell unterschiedlichen Denk-, Sprach- und Lebensformen führt über eine Theorie der Referenz zur Reflexion auf deren ontologisches Fundament