Wenn einem TV-Quizmaster jemand die hoch honorierte
Antwort auf die Frage nach den verschiedenen
Staatsbürgerschaften Thomas Manns schuldig bleibt, wäre
das noch kein Anlass, dem Thema ein Taschenbuch zu
widmen. Wenn das indes auch den Verdacht nährt, die
Umstände, unter denen das tschechische Städtchen Proseč
Thomas Mann 1937 das Heimatrecht zuerkannte, würden
in einer Gegenwart, in der die BRD ein „Vertriebenen“-
Denkmal plant, nicht ohne Absicht verschwiegen, gewinnen
die Motive an Gewicht. Zumal jenes Ereignis es der
Tschechoslowakischen Republik ermöglicht hatte, dem
Dichter nach der „Ausbürgerung“ aus Hitler-Deutschland
die Staatsbürgerschaft zu verleihen.
Die Ereignisse, die dazu führten, dass engagierte Tschechen
in Proseč damals einen Gemeinderatsbeschluss durchsetzten
– nachdem das „sudetendeutsche“ Liberec einen solchen
Antrag verworfen hatte – und die die Familie Mann
bewogen, nach Böhmen zu reisen, um sich dort zu bedanken,
lassen sich weder mit Anekdoten noch mit Episoden
über den Literatur-Nobelpreisträger darstellen.
Proseč, seine Vorgeschichte und die Nachgeschichte verdichten
sich zu einem aufschlussreichen höchst politischen
Abschnitt der Familiengeschichte der Manns und ihrer
Umwelt. Dass darin auch noch Uwe Johnson eine Rolle
spielt, mag manchen überraschen. Es hängt wohl irgendwie
auch mit dem Antikommunismus zusammen, den Thomas
Mann als eine Grundtorheit der Epoche gerügt hatte.