Mit der Hinrichtung von Ludwig XVI. hat die Französische Revolution, behauptet Balzac, zugleich alle Familienväter enthauptet. Bezeichnenderweise sind es aber gerade die Väter, die im Jahrhundert der Aufklärung zum Lieblingsthema eines bürgerlichen Literaturbetriebs werden. Wie konnte der bürgerliche Familienvater den Vatermord, den die Republik am absolutistischen Königtum beging, so unbeschadet überstehen? Ausgangspunkt der Studie ist die Frage, wie die väterliche Autorität innerhalb des autoritätskritischen Impetus der Aufklärung legitimierbar ist – ein Zeitalter, das sich Mündigkeit und Emanzipation und damit gerade die Befreiung von den väterlichen Vormündern auf die Fahnen geschrieben hatte. Insbesondere in der Empfindsamkeit rückt die Figur des Vaters ins Zentrum von Romanen und Theaterstücken, welche die patria potestas mit eben jenen ästhetischen Mitteln befestigen, mit denen sie diese gleichzeitig unterminieren.