Den 'verrückten Engel' nannte man sie in Weimar: Ottilie von Goethe. Sie war die Schwiegertochter des berühmtesten deutschen Dichters und lebte 15 Jahre mit ihm unter einem Dach.
Ihre Ehe mit Goethes Sohn August war unglücklich, die Haushaltsführung lag ihr nicht, und junge Engländer übten weit mehr Reiz auf sie aus die Schriftstellerei. Ottilie suchte nach der großen Liebe, ignorierte dabei alle Konventionen – und fand sich als Mutter eines unehelichen Kindes in Wien wieder. Ihre rettende Stütze waren Freundinnen, zu denen auch Adele Schopenhauer zählte …

'Zwei Freundinnen standen Ottilie auch während ihrer größten Lebenskrise zur Seite und halfen, einen Skandal mit schwerwiegenden Folgen abzuwenden. Ausgelöst wurde die Lebenskrise durch Ottilies außereheliche Mutterschaft, die bisher in der Literatur eher wie eine Nebensache behandelt wird, tatsächlich aber weitreichende Folgen für sie selbst, die Familie und vor allem für Goethes Enkel nach sich zog.
Aus heutiger Sicht erscheint Ottilie von Goethes Geschichte fremd und vertraut zugleich. Fremd, weil die sozialen und ökonomischen Bedingungen, unter denen sie als privilegierte Frau aus der Oberschicht zu Anfang des 19. Jahrhunderts lebte, sich von unseren heutigen tiefgreifend unterscheiden. Vertraut, weil die Sehnsucht nach der großen Liebe auch fast zweihundert Jahre später nichts von ihrer lebensgeschichtlichen Bedeutung verloren hat, wie uns Filme, Romane und Frauenzeitschriften tagtäglich bestätigen. Und gute Freundinnen so unverzichtbar sind wie eh und je.'