Seit 1923 ist die Türkei eine Republik, nach dem Ende des Osmanischen Reiches gegründet von Atatürk, der ein damals geradezu revolutionäres Staatswesen einführte mit westlicher Orientierung, einer strikten Trennung von Staat und Religion und einer stark nationalistischen Prägung. Die Prinzipien dieser Republik wurden vertreten von Militär, Staatsapparat und Intellektuellen, der alten Elite des Landes. Doch in dieser Republik hat das Militär geputscht, so oft Atatürks Prinzipien in Gefahr schienen, religiöse und ethnische Minderheiten wurden unterdrückt und vertrieben, die ländlichen Regionen wurden vernachlässigt.

Seit einiger Zeit ist eine neue Elite an der Regierung. Ihre Anhänger kommen nicht aus Istanbul, sondern aus Anatolien. Sie sind gläubige Muslime und stehen dennoch für den Wirtschaftsaufschwung der 'anatolischen Tiger' und für gesellschaftliche Reformen. Die Frauen wollen studieren und an der Universität Kopftuch tragen. Viele Liberale haben sich dieser Bewegung angeschlossen. Ausgerechnet unter einer konservativ-muslimischen AKP hat das Land – auch im Hinblick auf den EU-Beitritt – wichtige Schritte nach vorne getan.

Zwischen alter und neuer Elite gibt es erhebliche Konflikte. Sie haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit. Rainer Hermann legt mit seinem Buch auch ein Plädoyer dafür vor, dieses Land auf seinem Weg in eine friedliche und demokratische Zukunft zu unterstützen.