Nach dem reformatorischen Verständnis fungiert die Bibel für die theologische Urteilsbildung als letztes normatives Prinzip. In der praktischen Umsetzung theologischer Arbeit stößt diese prinzipielle Geltung auf massive Schwierigkeiten, die mit der Behauptung, die Bibel sei Wort Gottes und Heilige Schrift nicht einfach aufgelöst werden können. Demgegenüber wird die Bibel als Ausdrucksuniversum von Gotteserfahrungen in den Blick genommen, das primär nicht auf normative Lehre, sondern auf Wiederanknüpfung und Weitergabe dieser Erfahrungen ausgerichtet ist. In diesem Sinne stellt die Bibel ein notwendiges Korrektiv für die refl exive Bearbeitung christlicher Inhalte in der Dogmatik bereit, indem sie auf den Erfahrungsgrund der Lehrbestände zurückführt. Dabei wächst der Exegese als Erhellung dieses Erfahrungsgrundes eine fruchtbare Aufgabe für die Entfaltung der Systematischen Theologie zu.