Die vorliegende Studie untersucht auf der Grundlage der aktuellen kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung, inwiefern die Inszenierung von kultureller Erinnerung und Trauma die afroamerikanische Erzählliteratur der Gegenwart prägt. Im Mittelpunkt stehen insbesondere die damit verbundenen Entwicklungstendenzen seit den 1980er Jahren. Dabei wird erstmals der Versuch unternommen, eine Theorie afroamerikanischer Erinnerungskultur(en) zu umreißen, die kulturspezifische Facetten des kollektiven Erinnerns beleuchtet und die Grundlage für die Interpretation exemplarisch ausgewählter Romane liefert. Die Textauswahl berücksichtigt kanonisierte Autor/innen (Morrison, Johnson etc.) ebenso wie hierzulande bislang weniger beachtete Schriftsteller/innen (z.B. Beatty, Whitehead, Randall). Im Fokus steht neben den kultur- bzw. literaturspezifischen Darstellungsweisen von kultureller Erinnerung und Trauma vor allem auch das gesellschaftliche Funktionspotential dieser Inszenierungen. Dabei wird deutlich, dass sich der Fokus allmählich von der revisionistischen Geschichtsdarstellung hin zu einer reflexiven Betrachtung afroamerikanischer Erinnerungskultur(en) verschiebt: Insbesondere seit den 1990er Jahren rücken v.a. solche Romane in den Mittelpunkt, die sich mehr oder minder explizit mit Fragen der Konstitution und Revision eines afroamerikanischen kulturellen Gedächtnisses befassen und die damit verbundenen Mechanismen, Prozesse und Inhalte durchaus kritisch beleuchten.