Schleswig-Holstein hat ein Tabu gebrochen, das sich die deutsche Schulpolitik selbst auferlegt hat: Das nördlichste Bundesland verändert seine Schulstruktur. Im Verlauf von zwei Jahren entstehen dort 55 Gemeinschaftsschulen, und der Gründungsboom hält an. Diese für Deutschland fast schon revolutionäre Entwicklung geht vor allem von ländlichen Kommunen aus.

Schleswig-Holstein strahlt auch auf die anderen Bundesländer aus. Gemeinschaftsschulen entstehen in Berlin und Sachsen, in anderen Ländern wird darüber diskutiert. Die Gemeinschaftsschule ist in der bildungspolitischen Debatte angekommen. Der Begriff "Gemeinschaftsschule" durchzieht Medienberichte und Parlamentsdebatten, Verlautbarungen und Podiumsdiskussionen. Er wird mit unterschiedlichem Inhalt gefüllt und von geneigter Seite immer noch durch "Einheitsschule" ersetzt.

Woher stammt der Begriff? Wie konnte er, der früher für die gemeinsame Beschulung von Kindern unterschiedlicher Konfessionen stand, in neuer Bedeutung die bildungspolitische Diskussion erobern? Wie kam es zur Gründung der ersten Gemeinschaftsschulen? Was macht dieses Schulstrukturmodell aus, und was macht es attraktiv?

Diese erste Buchpublikation zur Gemeinschaftsschule gibt Antworten auf diese Fragen. Sie beschreibt, was hinter dem Konzept der Gemeinschaftsschule steht, spürt Ausgangs- und Motivationslagen nach, die zur Gründung von Gemeinschaftsschulen führen und analysiert Hindernisse. Dabei richtet sie auch den Blick auf typisch deutsche Argumentationsmuster der Gegenwehr. Sie zeigt aber auch, wie diese Muster allmählich aufbrechen und warum das so genannte "begabungsgerechte bewährte gegliederte Schulsystem" allem Anschein nach nicht das Ende der deutschen Schulgeschichte ist.