Das vorliegende Buch richtet einen neuen Blick auf das autobiographische Schreiben Robert Musils (1880–1942), dem innerhalb seines geistigen Schaffens besondere Bedeutung zukommt. Die Studie beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Musils Umgang mit den Konzepten „Tagebuch“ und „Autobiographie“ konkret gestaltet. In seinen über 40 Jahre lang geführten Heften und in verschiedenen literarischen Entwürfen manifestiert sich in beständig probierender Aneignung und Verwerfung sein komplexes Verständnis dieser Gattungen. Durch die genaue Interpretation zahlreicher Textpassagen dieser von Adolf Frisé pragmatisch „Tagebücher“ benannten Hefte wird deutlich, wie sich in ihnen ein – freilich heterogenes, kaum als Ganzes sich erschließendes – Werk neben und mit dem „eigentlichen“ Werk entfaltet. Das Anliegen, die zum Ersten Weltkrieg führende Krise seiner Zeit zu verstehen und ihr literarisch Ausdruck zu verleihen, führt den Autor selbst in eine geistige Krise. Im mühseligen Ringen mit der übergroß erscheinenden Schaffensaufgabe entsteht in den Tagebüchern ein enger Zusammenhang mit der zeitlebens projektierten Autobiographie, mit dem Wunsch, in ihr Leben und Werk letztlich doch vereinen zu können.