Die ehemalige Jacobson-Schule im niedersächsischen Seesen war weltweit bekannt und geachtet. Die Gründung Israel Jacobsons für „arme Judenknaben“ von 1801 wurde schon wenige Jahre später zur ersten simultanen jüdisch-christlichen Schule, entwickelte sich vorbildgebend für weitere jüdische Schulgründungen. Von ihr und der 1810 eingeweihten Schul-Synagoge ausgehend, entfalteten sich Elemente der Modernisierung des Judentums im 19. Jahrhundert.
Die Studie verfolgt die Entwicklung von der Gründungszeit über die Verstaatlichung 1922 hinaus bis hin zur Zerstörung der schuleigenen Synagoge unter nationalsozialistischer Herrschaft. Im Vordergrund steht die Rekonstruktion der vollständigen – heute nicht mehr greifbaren – Schulanlage, insbesondere ihrer Synagoge. Die Aussage des Schulgründers, der gebaute Tempel solle ein „schwaches Nachbild des Tempels Salomo“ sein, wird sowohl an der Gesamtarchitektur als auch am gestalterischen Detail verdeutlicht. Dieser „Jacobstempel“ ist in vielfacher Hinsicht als Prototyp für den Synagogenbau des 19. Jahrhunderts zu sehen. Neue Erkenntnisse über die erste Synagogenorgel, die in Seesen stand, fließen in die Gesamtanalyse ein.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der gründerzeitlichen Architektur des Alumnatsgebäudes von 1889, die mit zeitgleich entstandenen Beispielen jüdischer Schularchitektur in anderen Städten verglichen wird. Ein Blick auf die Rezeption der eigenen Geschichte in den Veröffentlichungen der Schule zusammen mit einer Analyse von Jacobson-Porträts rundet die Darstellung ab.

The former Jacobson School in Seesen, Lower Saxony, was known and admired throughout the world. Israel Jacobson’s 1801 foundation for ‘poor Jewish boys’ soon became the first joint Jewish-Christian school and developed into a model for later Jewish school foundations. From the school and its synagogue, consecrated in 1810, there developed influential elements in the modernisation of Judaism in 19th-century Germany.
This study follows the development from the school’s foundation to its nationalisation in 1922 and the eventual destruction of the school’s synagogue under the National Socialist regime. In the foreground of the study is the reconstruction of the complete – but no longer existent – ground plan of the school and in particular of the synagogue. The founder’s statement that the temple was to be ‘a faint echo of the Temple of Solomon’ is illustrated by the architecture as a whole and by the decorative detail. This ‘temple of Jacob’ can be seen in many respects as a prototype for 19th-century synagogue buildings. New insights regarding the synagogue organ, first found in Seesen, also inform the analysis as a whole.
Another focus of the book is a study of the wilhelmine architecture of the 1889 boarding-school building, which is compared with contemporary examples of Jewish school architecture in other towns. The study concludes with a look at the school’s reception of its history in its own publications and an analysis of portraits of Jacobson.