Dass die authentische Überlieferung von Musikwerken durch Notenkopisten gefährdet sei, weil Lohnschreiber es angeblich an Sorgfalt fehlen lassen und den Werktext nicht selten willkürlich verändern, gehört zu den hartnäckigen Vorurteilen, denen sich die Musikeditorik zu stellen hat. Wie sich die musikhistorisch bedeutsame Kooperation zwischen Komponisten und ihren Kopisten im Einzelnen gestaltet, ist bislang weitgehend unbeantwortet geblieben. Auch zu Schreibpraktiken, zur arbeitsteiligen Organisation oder zum Sozialstatus von Notenkopisten fehlen eingehende historische Untersuchungen. Vorliegende Arbeit liefert zu diesen Fragen einzelne Erkenntnisse und stellt einen entsprechenden Forschungsansatz zur Diskussion. Um sich dem Überlieferungs-Phänomen professionell erstellter Notenkopien im 19. Jahrhundert zu nähern, werden exemplarisch alle erreichbaren autorisierten Abschriften von Robert Schumanns Kompositionen systematisch untersucht. Es zeigt sich, dass Schumann seine Kopisten zuweilen erstaunlich früh in den Schaffensprozess mit einbezieht, weshalb sie den Kompositionsverlauf nicht unerheblich beeinflussen können. Vor diesem Hintergrund dürfen autorisierte Notenabschriften hinsichtlich ihrer editorischen Valenz gegenüber Autographen nicht pauschal abgewertet werden. Dies zeitigt Konsequenzen für die historisch-kritische Ausgabe von Schumanns Werken.