Das Werk Max Frischs – sein Geburtstag jährt sich am 15.Mai 2011 zum 100sten mal – ist ein Kosmos an Geschichten. Atemberaubend, verblüffend, bizarr und höchst unterhaltsam. Und gerade er sagt: Geschichten sind nicht das Leben; man kann sein Leben nicht erzählen. Folgt man ihm aber in seine Geschichten, die epischen wie die dramatischen, ist der Gewinn riesig. Immer wieder hat er darüber nachge-dacht, wie der Einzelne in der modernen Gesellschaft leben kann, ohne sein Ich, die Übereinstimmung mit sich selbst, zu verlieren. Es sei nicht die Zeit für Ich-Geschichten, und doch vollziehe oder verfehle sich das menschliche Leben am einzelnen Ich, nirgends sonst, meint er. Und so finden wir in seiner Literatur großartige Menschheitsgeschichten, die uns ergreifen, weil sie Grundmuster menschlichen Verhaltens darstellen – etwas, das jeden Einzelnen angeht. Da kann die Geschichte von Walter Faber, von Stiller, von dem Mann, der in Zürich seiner eigenen Beerdigung zuschaut, oder vom alten Herrn Geiser, der in einem kleinen Dorf im Tessin seinem Verschwinden etwas entgegensetzen will, uns helfen, einen Orientierungspunkt für das eigene Leben zu finden, helfen, einen Pflock einzuschlagen in einer immer unübersichtlicheren Welt. Frisch schreibt und schreibt, Dramen, Romane, Erzählungen, Filmscripts, Essays. Er bekennt sogar, er schreibe, weil ihm Schreiben noch eher gelingt als Leben. Für ihn also der Rettungsanker, um in dieser Zeit nicht unterzugehen. Seine Literatur wird stets eine Mischung aus autobiographischer Erfahrung und biographischer Fiktion sein.