Die Folgen des Ersten Weltkriegs stellten die Weimarer Republik vor extreme Herausforderungen. Vor dem Hintergrund der Kriegsniederlage und der harten Bedingungen des als Diktatfrieden empfundenen Versailler Vertrags erschienen der Einsatz der Bevölkerung und die Opfer der Kriegsjahre unerträglich und sinnlos. Hier liegen die Wurzeln für die Allgegenwart des Krieges und der Kriegstoten in der politischen Kultur Weimars, welche die junge Republik nachhaltig belastete und zu einer fortdauernden Politisierung des Kriegsgedenkens führte. Dies provozierte leidenschaftliche Kontroversen über den Sinn des Krieges und die Lehren, die aus dem Weltkrieg zu ziehen seien. Arndt Weinrich untersucht in seinem Buch die Konjunkturen der Wahrnehmung und Instrumentalisierung des Ersten Weltkriegs in ausgewählten Jugendverbänden der Zwischenkriegszeit: in der bürgerlichen Jugendbewegung, der katholischen Jugend und im sozialdemokratischen Jungbanner. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Weltkriegsgedenken der Hitler-Jugend, das im Kontext der nationalsozialistischen Besetzung des öffentlichen Raumes eine Doppelfunktion erfüllte. Einerseits zielte der Kult um die Gefallenen des „Großen Krieges“ innerhalb der HJ auf die mentale Mobilmachung und Kriegserziehung der Jugend, andererseits diente er der Befriedung eines in der unmittelbaren Nachkriegszeit noch geschürten Generationenkonflikts mit den „Frontsoldaten“ des Ersten Weltkriegs. Die vorliegende Studie arbeitet heraus, in welchem Maße sich mit dem Weltkriegsgedenken in der Zwischenkriegszeit Repräsentations- und Geltungsansprüche verbanden und wie sehr die Deutungshoheit über das „Kriegserlebnis“ insbesondere nach 1933 eine wichtige Herrschaftsressource darstellte.