Europa formiert sich neu. Auf welcher Basis? Diese Schrift betrachtet verschiedene Versuche der Narration eines »Europa«: die politische Invention einer »Europäischen Union«, die kulturpolitische Erfindung einer »Union des Théâtres de l’Europe« und die besondere Aufgabe konkreter Theaterarbeiten innerhalb dieser Prozesse. Sie will vor Augen führen, dass in »transkulturellen« Inszenierungen etwas möglich wird, von dem Maurice Merleau-Ponty als »réapprendre à voir le monde« spricht, und zwar in seiner ganzen Widersprüchlichkeit. Sie zeigt, dass in diesen Inszenierungen, und nicht in Gesetzestexten oder kulturpolitischen Bemühungen, eine Möglichkeit der Erfahrung des Fremden liegt, die fähig sein könnte, bereits (voreilig) gesetzte Grenzen zu öffnen, die prinzipielle Unentscheidbarkeit, das Provisorische des Raumes sichtbar zu machen.