Aristoteles' Ethik gipfelt bekanntlich in der Lehre, dass das vollkommene Glück in der betrachtenden oder kontemplativen Lebensform ('bios theoretikos') besteht. In diesem kognitiven Vollzug zeigt sich der Mensch als mit der an Seligkeit herausragenden Tätigkeit Gottes am nächsten verwandt. Auch wenn der Begriff der Kontemplation ('theoria') sowohl für Aristoteles' Glückskonzeption als auch für seine Gotteslehre eine zentrale Rolle spielt, so ist es alles andere als klar, was genau mit diesem Begriff gemeint ist: Worin genau besteht dieser kognitive Vollzug und was ist sein Gegenstand? Steht diese Tätigkeit überhaupt noch in einem Zusammenhang mit der Natur des Menschen? Vollziehen Gott und Mensch dieselbe Art von theoria nur in einem unterschiedlichen zeitlichen Ausmaß oder ist der Unterschied tiefgreifender? Die vorliegende Abhandlung unterzieht diesen für Aristoteles' Ethik und philosophische Theologie zentralen Begriff einer grundlegenden Analyse.