Wie sprechen Russlanddeutsche, die in ihrer Jugend während des Zweiten Weltkrieges in die einsprachige Welt des russischen Nordens hineingeworfen wurden, Russisch? Welche Phänomene des Sprachkontaktes zwischen dem Deutschen und dem Russischen - häufig nur über Dialekte vermittelt - treten auf, wenn sie Russisch sprechen? Wie wird dieses Russisch von russischen MuttersprachlerInnen aus der Region bewertet? Olga Baikova und Vjačeslav Onoško von der Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität Vjatka geben in ihrer Lautchrestomathie "Das Russische der Russlanddeutschen im Gebiet Kirov" auf verschiedene Weise Antwort auf diese Fragen. Sie konfrontieren HörerInnen und LeserInnen mit Auszügen aus vierzehn autobiographisch-narrativen Interviews. In den Erzählungen der zwischen 1912 und 1933 Geborenen verdichtet sich das Schicksal einer ganzen Generation von Sovjetbürgern mit deutschen Wurzeln. Die individuellen Perspektiven, die sich aus den russisch- und - meist kürzer - auch deutschsprachigen Texten erschließen, werden von einem Überblick zur Geschichte der Russlanddeutschen im Gebiet Kirov (Vjatka) ergänzt. Die Ergebnisse einer Studie zur Bewertung des Russischen durch russische MuttersprachlerInnen aus der Region, die von Olga Bajkova durchgeführt wurde, rundet die Publikation ab. Damit empfiehlt sich dieser Band mit der beigefügten Audio-CD einem breiten Publikum - interessierten Laien ebenso wie HistorikerInnen und SlavistInnen, LinguistInnen wie LiteraturwissenschaftlerInnen. Mit Band 15 wird die Reihe der Lautsprachlichen Chrestomathien des Bulletins des Phonetischen Fonds der russischen Sprache (BFF), bisher an der Ruhr-Universität-Bochum publiziert, als Unterreihe der Specimina Philologiae Slavicae fortgeführt.