Die gymnischen Agone (Laufen, Boxen, Ringen, etc.) waren ein wichtiger Teil der griechischen Lebenswelt, vor allem aber ein zentrales Element vieler religiöser Feste. Bis in die Spätantike hinein spielten sie eine wichtige Rolle im sozialen, religiösen und kulturellen Leben der Städte des griechischen Ostens. Aber auch in einigen Teilen des Westens hatten sie während der römischen Zeit große Popularität erlangt.
Wie aber wirkte der sich gegen Ende des 4. Jahrhunderts abzeichnende Sieg des Christentums über die paganen Kulte auf die gymnischen Agone? Nach der traditionellen Sicht der Forschung haben diese mit wenigen Ausnahmen die Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert nicht überstanden, weil sie von der Kirche abgelehnt wurden. Wie die Beiträge des Sammelbandes zeigen, lässt sich diese Meinung unter dem Eindruck neuerer Erkenntnisse der archäologischen, historischen oder numismatischen Forschungen nicht länger halten. Vielmehr wird klar, dass die gymnischen Agone im Osten wie im Westen des römischen Reiches mit Billigung der Kaiser noch über längere Zeit weiter liefen. Schließlich sorgten vor allem finanzielle Probleme und – allerdings nur in zweiter Linie – christliche Attacken dafür, dass die glänzende antike Tradition der gymnischen Agone in der Regierungszeit des Kaisers Justinian (527–565) endete.
Der sechste Band der Reihe PIETAS umfasst Beiträge einer Tagung, die im Mai 2005 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt wurde.