Den „größten Bildnismaler seit Rembrandt“ nannte man ihn, und schon kurz nach seinem Tod in Würzburg 1900 galt Wilhelm Leibl als einer der bedeutendsten deutschen Maler seiner Generation. Bereits während seines Studiums an der Münchener Akademie zeigte sich sein herausragendes malerisches Talent – aber auch seine Unfähigkeit, sich anzupassen. Der junge Maler erteilte der pathetischen Historienmalerei und den sentimentalen Genredarstellungen seiner Zeitgenossen eine Absage: Nicht das „Was“ des Bildes zählte für ihn, sondern das „Wie“, nicht eine gemalte Geschichte, sondern Farbe, Form und malerische Umsetzung des Gesehenen. Erstmals in der deutschen Kunstgeschichte trat damit die Malerei selbst in den Vordergrund. Leibl verfocht seinen Standpunkt nicht allein: Der charismatische Maler sammelte eine Gruppe Gleichgesinnter um sich, die man später zum „Leibl-Kreis“ zählte: Karl Haider, Theodor Alt, Rudolf Hirth du Frênes und Johann Sperl waren die engsten Freunde der Akademiezeit, später stießen Otto Scholderer, Hans Thoma, Wilhelm Trübner und Carl Schuch hinzu. Zwar gingen alle diese Künstler nach nur wenigen Jahren des intensiven Austausches auch künstlerisch eigene Wege, gemeinsam blieb ihnen aber die Idee des „Reinmalerischen“, das heißt Verzicht auf das Geschichtenerzählen und die Wahl
möglichst einfacher Gegenstände wie Porträt, Stillleben und Landschaft. Jeder für sich gelangte dabei zu einer hohen Malkultur, die in den späten Stillleben Carl Schuchs und im meisterhaften, atmosphärischen Spätwerk Leibls gipfelte.
Das Museum im Kulturspeicher besitzt eine kleine Sammlung mit Werken des „Leibl-Kreises“, die in der Ausstellung durch zahlreiche Leihgaben ergänzt wird. Ausstellung und Katalog zeichnen in über hundert Werken den Weg des „Leibl-Kreises“ und die Entwicklung der „reinmalerischen“ Idee nach. Mit ihrem neuen malerischen Ansatz öffneten Leibl und seine Freunde der deutschen Kunst den Weg in die Moderne.