Das Drama „Don Carlos, Infant von Spanien“ von Friedrich Schiller hat Generationen von Lesern gefesselt – und manchen Gymnasiasten gewiss geärgert. Ein interessantes Zeugnis der Schiller-Verehrung etwa 20 Jahre nach seinem Tod ist das sechsaktige Trauerspiel „Don Carlos“ von Friedrich de la Motte Fouqué. Weniger das politische Drama um die flandrischen Unabhängigkeitsbestrebungen (gegen das spanische Weltreich) steht bei Fouqué im Mittelpunkt, sondern Privates, Persönliches, (Allzu)Menschliches zwischen dem Infanten, seinem strengen Vater, dem Kaiser Philipp II., die Liebe zu der Stiefmutter Elisabeth von Valois und die Vorlieben des Don Carlos für Kampf, Poesie, Schauspielerei. Aus der klassischen „Staatstragödie“ Schillers entstand so unter der Hand ein romantisches Ideendrama mit Gesang, Poesie und Gefecht – ein buntes Gemisch mehr als eine strenge Tragödie mit „Schürzungen“ der dramatischen Knoten. Vielleicht deshalb hat die Öffentlichkeit Fouqués großes Drama kaum zur Kenntnis genommen. Die vorliegende Neuausgabe hilft bei der Korrektur dieses literarischen Fehlurteils.