Nationalismus und Antisemitismus versprühen seit der Aufklärung ihr Gift. Zwei Ideologien, die Feindbilder brauchen, damit die Welt erklärbar wird.
Im nationalen Antisemitismus verbinden sie sich zu einer Ideologie, die den Juden innerhalb der gedachten Nationsgrenzen keinen Platz zugesteht. Aus dem Glauben an die jüdische Fremdheit, ihrem angeblichen Weltherrschaftsanspruch, resultiert eine Opferhaltung der deutschen Mehrheit, die Verbannungs- und Vernichtungswünsche (gegenüber den als Täter verstandenen Juden) produziert.
Was im Nationalsozialismus kulminierte, nimmt so seinen Anfang bereits rund 150 Jahre früher: wandelbar in seiner Gestalt, aber endgültig in der Zielrichtung.
Die Literatur des Realismus erfüllt (Mitte des 19. Jahrhunderts) bei der Tradierung und Perpetuierung dieser beiden Ideologien eine wichtige Funktion. Sie fungiert als Bindeglied zwischen Gesellschaft und Privatem, nimmt bestehende Vorurteile auf und fügt sie in einen für die Gegenwart gültigen kulturellen Diskurs.
Das Buch erhellt und erklärt die Zusammenhänge von Ideologie mit Literatur, um die Funktionsweise von nationalem Antisemitismus zwischen Aufklärung und literarischem Realismus zu veranschaulichen. Ein wichtiger Beitrag zum Verständnis des komplexen Zusammenspiels von Vergangenheit und Gegenwart. Ein Schritt, um aufzuklären, wo sogar die Aufklärung teilweise geschwiegen hat: Kritik zu üben an einer Ideologie, der seit Anbeginn genozidale Tendenzen eingeschrieben waren.