Sheila Heti kann mit einem einzigen Satz alles erreichen. Ihre Kraft liegt in der Sprache, in ihrer geistigen Tiefe, ihrer Ernsthaftigkeit. Wie alle ihre Bücher oszilliert auch dieses zwischen den Genres. Reine Farbe ist philosophisches Traktat, modernes Märchen und die realistische Erzählung einer Freundschaft zwischen zwei jungen Frauen in schwierigen Zeiten. Die Prämisse: Gott schuf die Welt in sechs Tagen, betrachtet sie seit nunmehr 4,5 Milliarden Jahren mit dem Pinsel in der Hand und überlegt, ob es nicht klüger wäre, eine neue, bessere Version zu malen.

Mira ist aber in dieser ersten Welt zu Hause. Sie teilt die Menschen in Vogel-, Fisch- und Bärenwesen; sie selbst ist ein Vogel (flüchtig, scheu), ihre Freundin Annie ein Fisch (sozial, engagiert, ein Schwarmtier). Miras Vater wiederum, der einen starken Einfluss auf sie ausübt, ist ein (machtvoll emotionaler) Bär. Und sein Tod für sie kaum zu verwinden.

Ein modernes Märchen über die Macht der Liebe und das Ende der Welt. Von einer der eigensinnigsten und überraschendsten Schriftstellerinnen unserer Tage.