Die Religion ist wieder allgegenwärtig – ihr begrifflich Herr zu werden problematisch. In der vorliegenden Studie wird Religiosität nicht monotheistisch eingeengt, sondern als Kulturthema mit vielen Facetten und Funktionen begriffen, das sich auf unterschiedliche Weise in literarische Texte einschreiben kann. Kultur wird als symbolischer Prozess der Weltdeutung verstanden, der stets dynamisch und ergebnisoffen bleibt. Anhand kulturell und zeitlich so ferner Texte wie Novalis’ ,Heinrich von Ofterdingen’ und Orhan Pamuks ,Das Neue Leben’ wird die Wanderbewegung religiöser Formen analysiert. Das Verhältnis zu einem religiös aufgeladenen Raum, zu einer ,heiligen’ Geliebten und religiösen Mittlergestalten ist in beiden Romanen auffällig ähnlich gestaltet. Der Protagonist aus Pamuks Roman scheint in seinem literarischen Kosmos dem religiösen Versprechen nachzugehen, das der enthält. Ohne die Texte zu hierarchisieren erweist sich Pamuks Roman als postmoderne Auseinandersetzung mit Novalis’ Romanwelt.