Pasolinis Schriften zu Politik und Gesellschaft zählen zu den Höhepunkten der italienischen Literatur.
Sie sind bekannt für ihre scharfsinnige Analyse der Situation Italiens rund um die 'zweite industrielle Revolution'.
Voraussetzung dafür war Pasolinis immer wieder gegen die kommunistische Partei Italiens geltend
gemachtes Bekenntnis zum Marxismus als einziger Lösung 'nicht nur für die Gesellschaft, sondern für den
Menschen schlechthin'. Viele der in seiner Kritikobsessiv wiederkehrenden kritischen Begriffe
– 'Scheintoleranz', 'hedonistischer Faschismus', 'kulturelle Gleichschaltung' – werden 40 Jahre nach seinem Tod gerne als
prophetische Vorwegnahmen der heutigen Situation gelesen. Zu Recht? Anhand einer Auswahl von Texten aus dem Jahr 1975 erörtert der Literaturwissenschaftler Fabien Kunz-Vitali die Aktualität von Pasolinis Gedanken und zeigt, warum dessen Appelle an
die italienische Gesellschaft über ihre historische und literarische Relevanz hinaus auch heute noch von
gesellschaftspolitischer Bedeutung sind.