In ihrem Gespräch diskutieren die beiden Philosophen über die Frage, inwiefern das Imaginäre für das Verständnis von geschichtlicher Veränderung von Bedeutung ist, und spüren auf diese Weise den Möglichkeiten emanzipativer Politik nach.Castoriadis und Ricœur verbindet sowohl ihr Rückgriff auf die Psychoanalyse Freuds und Lacans als auch ihr kritisches Verhältnis zum Marxismus – darüber hinaus könnten ihre jeweiligen Temperamente und philosophischen Stile jedoch kaum unterschiedlicher sein, wie dieses 1985 für den französischen Rundfunk aufgezeichnete Gespräch zeigt. Den Hintergrund ihres Dialogs bildet die Frage, wie radikale politische Veränderung jenseits des Rückgriffs auf eine teleologische Geschichtskonzeption gedacht werden kann. Dabei zeigt sich, dass die Auffassungen der beiden Denker vor allem in der Frage nach den politischen Handlungsmöglichkeiten, die den Menschen in konkreten geschichtlichen Situationen offenstehen, auseinandergehen. Castoriadis’ These einer „geschichtlichen Schöpfung“ hält Ricœur eine Dialektik von geschichtlicher Innovation und Sedimentierung entgegen.