Bezeichnend für Philosophie und Religiosität der römischen Kaiserzeit und Spätantike ist ein hohes Maß an Interaktion zwischen unterschiedlichen Richtungen. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Bedeutung eher randständiger und oft exotisch anmutender Strömungen und Texte wie Gnosis, Hermetismus, Chaldaeische Orakel etc., die in intensiver Wechselwirkung mit den konventionelleren Spielarten insbesondere des Platonismus stehen. Ausgehend davon nehmen die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes in den Blick, inwiefern die religiösen Veränderungen in der ‚oikoumene‘ des Mittelmeerraums durch solche Formen der Philosophie beeinflusst wurden oder umgekehrt auf diese zurückgewirkt haben.

Besonderes Augenmerk gilt Formen der Spiritualität, der Kontroverse und der Identitätsbildung in der Diskussion um die kanonische Geltung von Lehrmeinungen und autoritativen oder heiligen Texten. Zu nennen sind insbesondere die Auseinandersetzung Plotins mit der Gnosis, die Bedeutung von Orakeltexten für die Entwicklung des spätantiken Platonismus oder der Richtungskampf zwischen Porphyrios und Iamblichos. Dabei wird deutlich, wie neben Formen offener Übernahme oder Ablehnung zum Teil auch unterschwellige Rezeption zum Tragen kommt.