Im Athen klassischer Zeit (5./4. Jh. v. Chr.) sind sich die literarischen Quel- len einig: Die Zuneigung einer Mutter zu ihrem Kind ist naturgegeben. Doch die visuellen Medien – vor allem attische Grabreliefs und Vasenma- lerei – zeichnen ein ganz anderes Bild.
Die Mutter-Kind-Bindung erscheint hier überwiegend als eine von emotionaler Zurückhaltung geleitete Beziehung. Mit dem Heranwachsen der Kinder wird die Rolle der Mutter dann immer stärker von familiärem Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein geprägt – und ist somit als erlerntes Verhalten zu verstehen. Viktoria Räuchle geht diesen scheinbar diametral entgegengesetzten Konzeptionen zwischen Norm und Natur auf den Grund und illustriert die mütterlichen Verhaltens- und Gefühls- ideale anhand zahlreicher Abbildungen und Textstellen.