Neben den klassischen Vertretern des ›Strukturalismus‹, die im Band Zeitgenössische französische Denker: eine Bilanz (Rombach, 1998) vorgestellt wurden, artikulierten sich in Frankreich eine Vielzahl von Denkern, die sich ebenfalls durch die Originalität ihres Ansatzes auszeichneten und eine Wirkung erzielten, die über die Fachgrenzen hinausging. So findet sich bei Merleau-Ponty eine Öffnung der Phänomenologie, die auch von Foucault begrüßt wurde. Paul Ricœur entwickelte eine spezifische Lesart der Hermeneutik, und René Girard legte eine bemerkenswerte Theorie über den Zusammenhang von Gewalt und Zeichen vor. Während Michel Serres’ Denken dem Platz des Dritten in den Strukturen gilt, der vermittelt und zugleich Differenzen schafft, führte Castoriadis die Kategorie des Imaginären in seine umfassende Reflexion über die Gesellschaft ein. Den politischen Aspekten von Differenz und Gleichheit geht Jacques Rancière nach, und Jean-Pierre Faye untersucht nach den totalitären Sprachen die kulturelle Tragweite Europas. Jean Baudrillards und Paul Virilios Augenmerk richtet sich auf bedeutende Phänomene der modernen Gesellschaft wie Krieg, Medien und Geschwindigkeit. Die literarische Dimension steht nicht nur im Zentrum des Denkens von Michel Leiris und Julia Kristeva; sie bestimmt das Schreiben der meisten französischen Intellektuellen. »Aufgabe der Philosophie ist es auch« – so Michel Serres –, »eine neue Art von Schönheit zu erfinden.« In zwölf Beiträgen wird das spezifische Profil dieser Denker herausgearbeitet und für deutschsprachige Leser erschlossen.