Heute sieht man auf Leipzigs Straßen und anderswo kaum noch Menschen, deren äußeres Erscheinungsbild oder Bewegungsablauf durch Krankheiten, wie die angeborene Hüftverrenkung, Rachitis, Kinderlähmung, Klumpfuß oder Knochentuberkulose, gestört sind.
Das ist nur zum Teil ein Werk von Ärzten, die im 19. Jahrhundert die medizinische Fachrichtung Orthopädie entwickelten. Ebenso haben sich dabei wissenschaftlich-technische Errungenschaften und industrielle Veränderungen, Sozialgesetzgebungen, städtebauliche Ansprüche, militärische Notwendigkeiten, pädagogische Reformen und politische Verhältnisse ausgewirkt.
Begreifbar wird dieses komplexe Gefüge, aus dem orthopädisches Handeln entstanden ist und sich entwickeln konnte, an zahlreichen Spuren, die in Leipzig auch heute noch zu finden sind. Die Stadt war für die Orthopädie insgesamt beispielgebend, indem hier die erste orthopädische Klinik in Deutschland, die universitäre Ansiedlung des Fachgebietes, eine komplexe Förderung von körperbehinderten Menschen, fußend auf bürgerschaftlichem Engagement, initiiert wurden und mit zahlreichen Neubauten in der Weimarer Republik ein Zentrum der Orthopädie in Europa entstand.
Anhand architektonischer Zeugnisse, der Biografien prominenter Orthopäden und archivalischer Quellen wird die Kultur-, Stadt- und Medizingeschichte der Orthopädie in Leipzig rekonstruiert und dem Leser Wissenswertes vermittelt, das ihn aufmerksamer und bewusster die Stadt erleben lassen und eine kulturkritische Reflexion der Leipziger Medizingeschichte ermöglichen wird.