Hegels Philosophie des Geistes erhebt den Anspruch, den Menschen im Ganzen - durch und durch - als "geistig" zu denken. Thomas Oehl aktualisiert diesen Anspruch, indem er ihn an die gegenwärtige philosophische Debatte um die sinnliche Wahrnehmung heranträgt und damit kritisch in diese eingreift: Bereits in der sinnlichen Wahrnehmung verhält sich der Mensch aktiv und nicht, wie es in seinem naheliegenden Selbst(miss)verständnis scheint, passiv. In der Wahrnehmung konstituiert der Mensch Natur und Welt, und ist eben dadurch selbst nicht einfach Teil der Natur oder Welt, sondern "Geist". "Geist" ist so, wie Hegel sagt, das "absolut Erste" der Natur. Wie Oehl weiter zeigt, schließt dies ein, dass "Geist" sich gerade dort vollendet, wo er den Menschen von seinem Selbstmissverständnis befreit, Natur zu sein. Damit stellt sich "Geist" als etwas heraus, das mehr ist als bloß der Mensch, da es den Menschen über seine Selbstverkehrung hinausführt. So wird ein neuer Zugang zu Hegels Philosophie des absoluten Geistes gewonnen, die eben dieses Geschehen als von Gott bewirkte Befreiung des Menschen von seiner Selbstverkehrung begreift, wie es in Kunst, Religion und Philosophie Gestalt gewinnt. Die vorliegende Arbeit wurde mit dem Promotionsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft 2020 ausgezeichnet.