Nicht die europäische künstlerische Avantgarde entdeckte Anfang des 20. Jahrhunderts in den Völkerkundemuseen „die Primitive Kunst“. Viel früher trafen Ethnologen bei ihren Expeditionen auf Kulturobjekte und bewerteten sie als Kunstwerke. Doris Kaufmann erhellt die überraschenden Implikationen dieses Urteils, das sich nicht in den kolonialapologetischen und rassenhierarchischen Diskurs der Zeit einfügte. Sie untersucht auch die Aneignungen und Transformationen, die die mitgebrachten Kunstartefakte in den unterschiedlichen globalen kulturellen und politischen Kontexten erfuhren. Beginnend mit der „Kunst als Kultur"-Diskussion Franz Boas‘ stellt sie Fallgeschichten zu den sibirischen Ethnien am Amur, den Marquesas im Südpazifik und zu dem kongolesischen Königreich der Kuba vor.