Das Verhältnis von Markt und Staat wird in der Unionsrechtsordnung im Wesentlichen durch Art. 106 Abs. 2 AEUV bestimmt, der für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse die Möglichkeit des Dispenses von der Geltung der Vorschriften der Verträge etabliert. Den Mitgliedstaaten wurde bisher interpretativ ein weiter Spielraum zugestanden, der als „Einfallstor nationaler öffentlicher Interessen“ fungierte. In Anbetracht der Europäisierung des Gemeinwohls ist dieses zugunsten einer europäisierten Dogmatik zu schließen: Einerseits ist die Interpretation des Begriffs des allgemeinen Interesses anzupassen, wobei der europäische Gesetzgeber auf der Grundlage von Art. 14 S. 2 AEUV die Möglichkeit hat, europäische öffentliche Interessen festzulegen. Andererseits ist die gemeinwohlorientierte hoheitliche Marktintervention zum Schutze des Wettbewerbsprinzips durch eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu begrenzen.