Das ausdifferenzierte Rechtssystem der Hochkulturen Mesopotamiens ist in einer gewaltigen Zahl von Keilschrifttexten wie zum Beispiel lexikalischen Listen, Vertrags- und Prozessurkunden und den so genannten Codizes beziehungsweise Rechtssammlungen überliefert. Es bot einen effizienten infrastrukturellen Rahmen für den sozioökonomischen Alltag dieser Zivilisation. Im Gegensatz dazu bleibt die intellektuelle Infrastruktur des Rechts ihrerseits weitgehend im Verborgenen, da die erhaltenen Texte zwar die Ergebnisse, nicht aber die Prozesse von Rechtsfindung und Normproduktion dokumentieren. Die Suche nach dem Rechtsdenken "hinter" den Texten stellt zugleich das verbreitet angenommene Theoriedefizit altorientalischer Wissenstexte im Allgemeinen in Frage.