Losbücher gehören zu den beliebtesten und vielseitigsten Gattungen der frühen Druckzeit. In den meisten dieser Bücher wird durch einen Zufallsmechanismus ein Spruch ermittelt, der dem Losenden eine horoskopartige Auskunft über seine Zukunft gibt. Das Straßburger Kartenlosbuch ist ein in vielerlei Hinsicht herausragender Vertreter dieser Gattung und dies nicht zuletzt deshalb, weil es an einer prognostischen Zukunftsverkündung gar nicht interessiert ist, sondern der geistlichen Unterweisung dient.


Wer das Straßburger Kartenlosbuch heute zur Hand nimmt, kann den Text natürlich mit philologischem Interesse verfolgen und ihn in gewohnter Manier von Anfang bis zum Ende lesen, er kann sich aber auch auf den Mechanismus des Buches einlassen und mit Hilfe eines Stapels von Karten spielerisch in die Welt seiner Lehren eintauchen. Denn was vielleicht auf den ersten Blick wie trockene moralische Unterweisungen erscheint, wird im Akt des Spielens zur lebendigen Lehre, der sich der Leser bis heute nicht entziehen kann: Auf unterhaltsame Weise vermittelt das Losbuch die Grundlagen des christlichen Glaubens, von den Seligpreisungen über die zehn Gebote bis hin zu den Gaben des Heiligen Geistes.