Leben wir noch in einer Gesellschaft? Handelt es sich bei der Gesellschaft nicht um jene trügerischen Fiktionen von Ganzheit, auf die wir angewiesen sind, um sich im Denken und Handeln zu orientieren? Und gehört Gesellschaft nicht zu den großen Erzählungen, die vom Poststrukturalismus erfolgreich verabschiedet wurden?
Matthias Warstat widerspricht all diesen Annahmen. Gesellschaft existiert, auch wenn der Begriff heute jede Selbstverständlichkeit verloren hat. Gesellschaft ist etwas, das sich zeigt. Zudem ist ihre sinnliche Erfahrung an Theatralität gebunden. Nicht abstraktes Wissen, sondern konkrete Bilder und Szenen vermitteln uns das Gefühl, in ihr zu leben: Was für eine Art von Theater wird im sozialen Leben gespielt? In welchen Szenen scheint Gesellschaft auf? Wie tragen die Einzelnen durch ihr theatrales Handeln zur Darstellung von Gesellschaft bei – und was für eine Gesellschaft entsteht auf diese Weise? In zentralen Positionen aus der Sozialtheorie der Moderne sind theatrale Denkfiguren überdeutlich präsent. Das Buch verfolgt diese Linie bis zu prägenden Positionen der letzten Jahrzehnte, um daraus ein eigenes Verständnis gesellschaftlicher Theatralität zu entwickeln.