Die Aufdeckung der traditions- und religionsgeschichtlichen Hintergründe des Habakukliedes eröffnet den Blick auf eine innovative Theologie, die es ermöglichte, auch in der Exilszeit an der Gegenwart Gottes festzuhalten. Judith E. Filitz stellt in diesem Werk die Frage nach dem literarischen Wachstum von Habakuklied und -buch. Eine umfangreiche Analyse offenbart 3,*3-12 als ältesten Kern, den vier spätere Redaktionen bearbeitet haben. Sie legt die Motive ausführlich dar und erklärt sie aus den alttestamentlichen, syrischen und mesopotamischen Kontexten, wobei Hab 3* sich als ein poetischer Theophanietext zu erkennen gibt. Zugleich verweisen einige Motive des Liedes auf die neubabylonische akītu-Prozession, die detailreich beschrieben wird. Hab 3* erscheint so als ein Mischgebilde aus Theophanietext und Prozessionserfahrung. Dies hat eine facettenreiche Theologie der praesentia dei zur Folge, welche die Möglichkeit einer Gottesbegegnung in spätexilisch-frühnachexilische Zeit entwirft.