Der Begriff der ›Natur‹ ist so etwas wie ein Bedeutungs-Chamäleon und wird entsprechend leicht missbraucht. Mill wendet sich in seinem kurzen Essay mit Macht gegen Behauptungen, etwas sei ›natürlich‹ und deshalb schon gut (etwa die ›natürlichen Wesenseigenschaften von Mann und Frau‹ oder das ›natürliche‹ Recht). Ihn interessieren vielmehr normative Prinzipien: Es sei die oberste Pflicht des Menschen als Individuum und als Gattung, die Natur zu moralisieren. Die Pflicht des Menschen besteht nämlich nicht darin, der äußeren oder inneren instinktiven Natur zu folgen, sondern die innere wie die äußere Natur durch Kultivierung zu verbessern – ein Ansatz, der in Zeiten bedrohter Natur und ökologischer Probleme neue Relevanz gewinnt.