Museen sind machtvolle Instrumente kollektiver Bedeutungsbildung und in ihrer historischen Genese aufs Engste mit dem gesellschaftlichen Imaginären verbunden. Die lateinamerikanischen Erzähltexte, die in diesem Band verhandelt werden, bilden zum Museum in seiner westeuropäisch konnotierten Entstehungsgeschichte eine postkoloniale Konstellation. Innerhalb dieses Spannungsfeldes kommt es in den literarischen Transformationen des Museums zum Bruch mit kulturell tradierten Vorstellungs- und Handlungsmustern. Dynamische Prozesse der Bedeutungsbildung, die sich im Museum zwischen Raum, Artefakten und Rezipierenden abspielen, geraten in den Blick und profilieren das Museum als gesellschaftlich brisanten und relevanten Imaginations- und Diskursraum. In der Überführung von immer bereits durch ein kulturelles Imaginäres geformten Museumsräumen in liminale, widerständige und strukturell durchbrochene Texträume scheinen Potentiale des Museums in Zeiten gesellschaftlicher Neuordnung auf. Die besprochenen Texte aus den 1960er bis 1990er-Jahren schreiben sich in die aktuellen Debatten um Museen und deren Zukunft in der Reflexion ihrer kolonialen Vergangenheiten ein und erweitern sie in transdisziplinärer Perspektive über das Wechselverhältnis von Text, Museum und Gesellschaft.