Knapp 200 Jahre nach Abschluss des Augsburger Religionsfriedens (Motto: Cuius regio, eius religio - Wessen Land, dessen Glaube) gab Johann Ludwig Adolph, Graf von Wied-Runkel, den Katholiken in Dierdorf die Erlaubnis, den katholischen Gottesdienst in einem Privathause zu halten. Vier Jahre später hinterließ der verstorbene Trierer Kuchelinspector Johann Michael Koch 5000 Thaler zur Gründung einer Missionsstelle der Kapuziner in Dierdorf. So kam es, dass der Graf im Jahre 1755 die Erbauung eines Klosters und einer Kirche zum öffentlichen Gottesdienst gestattete und zwei Kapuziner-Patres die heilige Messe zunächst in einer Scheune lasen. Doch die reformierten Dierdorfer Bürger lehnten sich gegen den Entschluss des Grafen auf. Dies war der Anfang einer über 30 Jahre dauernden Auseinandersetzung, die zunächst verbal geführt wurde, dann aber in brutaler Gewalt gegen die Kapuziner endete. Angestachelt von ihren Pfarrern und einigen führenden Bürgern der Stadt versuchten die reformierten Einwohner Dierdorfs, den Kapuzinern von Anfang an das Leben so schwer wie möglich zu machen. Zunächst könnte man annehmen, dass es ihnen um theologische Grundsätze, um Glauben oder um Gott ging. Doch dies alles war offensichtlich nur vorgeschoben. Der Graf sprach von Rädelsführern und missgünstigem Eigensinn. Dabei sollte keinem Bürger etwas weggenommen werden, erst recht nicht der Glaube oder die Religionszugehörigkeit. Was also geschah wirklich in Dierdorf? Versuchten besorgte Bürger, die ihren Glauben und der ihrer Kindeskinder bedroht sahen, ihre berechtigten Interessen durchzusetzen oder ließen sie sich von ihren Pfarrern und einigen machtbesessenen Mitbürgern vor deren Karren spannen? Gingen sie hinterlistigen Advokaten auf den Leim, die sie immer wieder dazu brachten, im Namen Gottes und ihres Glaubens Unruhe zu stiften? Darauf versucht dieses Buch eine Antwort zu geben. Doch auch der verhinderte Kloster-, Hospiz- und Kirchenbau des Architekten Johann Seiz, einem Schüler Balthasar Neumanns, wird hier bildlich vorgestellt und beschrieben. Jede Leserin bzw. jeder Leser mag sich selbst an Hand der Originaltexte über die Geschehnisse der damaligen Zeit informieren und sich so ein eigenes Urteil bilden.