Hölderlins Gedicht »Hälfte des Lebens« von 1803 fordert mit seiner bestürzenden Aktualität die Leser und Übersetzer immer neu heraus. Im vielfachen Echo seiner französischen und englischen Übertragungen, die hier erstmals dokumentiert und analysiert werden, erscheinen neue Facetten des Originals. Peter Utz zeigt in dem vorliegenden Band, wie Hölderlins Bildsprache die Übersetzer herausfordert, vom »heilignüchternen Wasser« bis zu den »klirrenden Fahnen«. Doch das Gedicht enthält auch schon in sich eine Poetik des Übersetzens. In seinen vielfachen fremden Lesarten erscheint das Verhältnis von Original und Übersetzung – im Licht von Walter Benjamins Übersetzeraufsatz – als dynamisch und komplementär: Die Übersetzungen realisieren die implizite »Übersetzbarkeit« des Originals und zeigen sich so als seine »Nachreife«, seine andere, verborgene »Hälfte«.