Der Wissenschaftsverlag Walter de Gruyter agierte während der NS-Herrschaft überaus erfolgreich. Angelika Königseder zeigt, wie er unter der Führung von Herbert Cram die ideologische Neuausrichtung von Staat und Gesellschaft akzeptierte, daran partizipierte und erheblich davon profitierte. Der deutschnational gesinnte Herbert Cram war kein Nationalsozialist, das hinderte ihn aber nicht daran, sich als Verleger mit den neuen Machthabern zu arrangieren. Der Verlag bemühte sich einerseits darum, die Qualitätsstandards eines wissenschaftlichen Universalverlages aufrecht zu erhalten, suchte aber zugleich die Nähe zu staatlichen Institutionen und dort angesehenen Wissenschaftlern. Er trennte sich in vorauseilendem Gehorsam von jüdischen und politisch missliebigen Autoren und Herausgebern, ohne vorhandene Handlungsspielräume zu nutzen. Wenn Autoren dem ökonomischen Erfolg eines Projektes im Wege zu stehen schienen, rückte der Verlag von ihnen ab. Die Geschäftspolitik des Verlages Walter de Gruyter unterschied sich damit nicht von der vieler anderer mittelständischer Unternehmen im nationalsozialistischen Deutschland.