»Literatur ist anti-autoritär. Sie schreibt dir nicht vor, was du sehen sollst. Sie vermag es nicht, selbst wenn der Wortmetz es wollte.« Mit diesem Statement eröffnet der Autor seine Reflektionen zur zeitgenössischen Literatur und seinem eigenen Schaffensprozess, überschreibt es aber mit »Frommer Wunsch«. Alles Lüge? Es geht um das Doppelbödige und unbestimmte der Literatur, im Positiven wie im Negativen. Er lässt seine bevorzugten Schriftsteller Revue passieren, vor allem Arno Schmidt, Mario Vargas Llosa und Juan Carlos Onetti, und fragt sich nach den eigenen Kriterien, nach denen er gute von schlechter Literatur scheidet - und ob diese Kriterien eine gewisse Allgemeingültigkeit beanspruchen können.
»Lyrik ist, wie das Böse überhaupt, infektiös. Platon sagt, dass bereits der geringste Kontakt mit Dichterworten sogar die charakterfeistesten Personen, die er zur Führung der Staatsgewalt berufen sieht, im Nu zu den schlimmsten Memmen macht.
Religiöse Fanatiker aller Zeiten und aller Religionen lieben die Staatsgewalt, weil sie ihnen ermöglicht, die Gläubigen vor Kontakt in Schrift und Bild mit dem zu bewahren, was selbst den gefestigten Gläubigen unverzüglich in einen begeisterten Sünder verwandelt. Im Revers liebt die Staatsgewalt religiöse Fanatiker, seien es nun transzendente oder immanente Gläubige. Die guten Bilder und Worte sind machtlos. Die bösen sind allmächtig. Lasst uns also die Staatsmacht entfesseln, um die bösen Worte und Bilder zu vertilgen.«