Diese Arbeit ist die erste, die die Philosophien Ernst Cassirers und der Kritischen Theorie vergleicht. Dabei geht sie von der These aus, dass Cassirers symbolische Formen – wie z.B. Mythos, Sprache und Kunst, mit Hilfe derer wir die Welt verstehen – Entsprechungen in der Kritischen Theorie haben. Beide Philosophien stellen eine Theorie der kulturellen Regression auf, die man als eine Dialektik von Mythos und Vernunft bezeichnen kann. Damit verfolgen sie das gleiche Ziel, nämlich die politischen Ereignisse am Ende der Weimarer Republik und die gesellschaftspolitischen Ursachen für die nationalsozialistische Machtergreifung zu verstehen. In beiden Theorien hat die kulturelle Regression zur Folge, dass eine der symbolischen Formen Hegemonie über alle anderen erreicht, mit dem Ergebnis, dass das Weltverstehen und -aneignen blockiert ist. Die Realität wird unterkomplex-reduktionistisch gesehen, die Antizipation einer anderen Welt wird unmöglich. Dies führt zwangsläufig zu autoritären Regimen. Nur die Pluralität der symbolischen Formen lässt eine freie Weltgestaltung für jeden zu und gewährleistet einen Schutz vor moni-stischen Ordnungsvorstellungen.
Der Vergleich beider Theorien ermöglicht ein verbessertes Verständnis der kulturellen Bedingungen politischer Regression. Gerade im Zeitalter des Wiedererstarkens mythisch-religiöser Weltbilder ist dies von grosser Bedeutung.