Kaum ein Text der Weltliteratur verfügt über eine so vielschichtige innere Hermeneutik wie Boccaccios Decameron. Dabei gelingt es kaum, die Kakophonie von Erzähleranliegen, Pestproblematik, Themen der Erzähltage, vermeintlichen moralisationes der Novellen, Kommentaren der novellieri etc. zu harmonisieren. Multiple Rahmen lassen (immer noch alternativlose) mittelalterliche Figuren des Denkens sich gegenseitig irritieren, so daß sie im Angesicht der Pest ihre transzendentale Eindeutigkeit einbüßen. Unverortbar zwischen Ernst und Unernst entsteht somit eine Enzyklopädie offener Fragen, die in einen ästhetischen ordo der Unzulänglichkeiten überführt wird - der einzige ordo, der dem Menschen nunmehr bleibt.